Eigener Saft aus eigenen Äpfeln ist die Maxime des Ottweiler Obst- und Gartenbauvereins.
Die Kunden können das Keltern vor Ort verfolgen.

Hier ist die Bezeichnung „Direktsaft“ so was von wörtlich zu nehmen: „Direkter“ als beim Obst- und Gartenbauverein 1907 Ottweiler-Ziegelhütte kommt man wirklich nicht zu seinem Saft. Denn die Keltermannschaft stellt sicher, dass jeder, der es möchte, ausschließlich Saft aus seinen eigenen Äpfeln oder Birnen mit nach Hause nehmen kann.
Naturtrüb, aromatisch, köstlich duftend – vor einer halben Stunde haben Susanne und Jürgen Schneider aus Lautenbach 239 Kilogramm Äpfel von einer Streuobstwiese und ihrem eigenen Grundstück an die Kelter des Vereins gebracht. Jetzt füllt Vereinsmitglied Ute Buss den frisch gepressten und pasteurisierten Saft bereits ab. Möglich ist dies durch die Maschinen, die der Obst- und Gartenbauverein Ottweiler-Ziegelhütte in seinem Kelterhaus im Werschweilerweg 6 in Schwung hält. Aber wichtiger als Pack-Presse und Co. sind die Menschen, die hier buchstäblich Hand in Hand arbeiten.
Am 17. September hat das Kelterteam des Vereins die Arbeit aufgenommen, 14 Tage früher als gewohnt. Wie das Getreide und die Trauben für den Wein ist in diesem Jahr auch das Obst früher reif. Kelterwart Dieter Lechner hat Ende August die ersten Termine in sein Kelterbuch geschrieben. Von Montag bis Samstag – nur der Mittwoch ist frei – werden die Äpfel, manchmal auch Birnen, von 8 bis 16 Uhr zu Saft gepresst. „Wir haben es immer schon so gehalten, dass unsere Kunden den Saft aus ihrem eigenen Obst mit nach Hause nehmen“, berichtet Dieter Lechner. Aufgrund des fehlenden Vorratsraums ginge das gar nicht anders, sagt er.
Gerade hat Lechner 603 Kilogramm Boskopäpfel, also rund 12 Zentner, auf der Digitalwaage im Eingangsbereich des Kelterhauses abgewogen. Die Äpfel hat ein Kunde aus dem St. Wendeler Land von einer Streuobstwiese nach Ottweiler transportiert. Wie viele andere Stammkunden, die sogar aus dem Merziger Raum anreisen, weiß er das besondere Angebot des Ottweiler Vereins sehr zu schätzen. Mit einem Kumpel hievt er die Säcke nacheinander in den Raum nebenan und leert diese ins Wasserbad. Die Äpfel werden gründlich gewaschen und mittels des Elevators hoch ins Mahlwerk gezogen. Alfred Tripple und Dieter Martin stehen schon parat, mit Gummischürze und Handschuhen vor dem spritzenden Apfelmus geschützt. Zum Kelterteam gehören auch Oliver Weidenhoff sowie die beiden Syrer Abdul und Mohammed, die erstmals in diesem Jahr beim Keltern helfen.
Die geschredderten Äpfel fallen in einen Vorlaufbehälter. Alfred Tripple und Dieter Martin spannen auf einen Rahmen ein Presstuch, dann kommt die Doppelwannen-Pack-Presse zum Einsatz, die bis zu drei Zentner Äpfel in einer Tour auspressen kann. Ein Separator klärt den Saft, befreit ihn also von störenden Schwebteilchen. Der Rohsaft, der naturtrüb bleibt und schon sehr lecker schmeckt, wird aufgefangen, in Edelstahltanks hoch gepumpt und kurz zwischengelagert. Eine elektronisch gesteuerte Anlage pasteurisiert den Saft für die Haltbarkeit bei 75 bis 80 Grad Celsius.
Noch lauwarm läuft der Saft durch eine Leitung zur elektronisch gesteuerten Abfüllanlage in einem dritten Raum der Kelter. Mit routinierten Handgriffen füllt Ute Buss den Saft in Kunststoffbehälter, streicht sanft darüber, um die Luft rauszulassen, und schreibt den Verschluss zu. Susanne Schneider stellt den Fünf-Liter-Behälter in einen Karton, faltet diesen zusammen und übergibt ihn ihrem Mann Jürgen, der die insgesamt 30 Kartons stapelt und später in den Kofferraum verfrachtet. „Bag in Box“ heißt das System, das die Glasflaschen von früher abgelöst hat. „Die Ernte war in diesem Jahr besonders gut, weil wir so viele eigene Bienen haben“, freut sich der Imker aus Lautenbach.
Stehend gelagert hält der Saft aus den eigenen Äpfeln drei Jahre lang, geöffnet im Kühlschrank etwa sechs Wochen. Aber wahrscheinlich wird der Vorrat doch vorher schon getrunken oder als hoch willkommenes Mitbringsel an Freunde verschenkt.
 

 
Im Wasserbad werden die Äpfel gründlich gewaschen und dann per Elevator zum Mahlwerk nach oben transportiert.
 
Handarbeit: Dieter Martin (links) und Alfred Tripple bedienen die Maschinen wie das Mahlwerk und die Doppelwannen-Pack-Presse.
 
In der Doppelwannenpack-Presse der Ottweiler Obst- und Gartenbauer wird das Mus aus den angelieferten Äpfeln – manchmal auch Birnen – sofort gepresst und zu Rohsaft verarbeitet.

Typische Handbewegung: Ute Buss füllt den Kunststoffbehälter mit dem fertigen Saft und streicht die Luft heraus, damit der Saft nicht verdirbt.
 
Immer wieder kommen Schulklassen oder Jugendgruppen, um sich das Keltern beim Obst- und Gartenbauverein Ottweiler-Ziegelhütte anzuschauen. Hier der Besuch der Schillerschule Wiebelskirchen.
 
Alfred Tripple mit dem Trester, den Press-Rückständen bei der Herstellung des Apfelsaftes. Dieser findet auf dem Ottweiler Wingertsweiherhof Abnehmer, er wird unter die Silage für die Kühe gemischt.